Selten
aber doch macht man die Erfahrung, dass das, was man ins Netz ungefragt hinausposaunt,
tatsächlich auch gelesen wird. Noch ungewöhnlicher ist es aber, wenn man dann auch
noch eine Reaktion erhält. Dies ist nun bei meinem
Blogbeitrag zu „The Hobbit: An Unexpected Journey“ vom 8. Januar 2013 geschehen: Eine Leserin hat sich
schriftlich an mich gewandt, um mit mir über einzelne Punkte meiner Rezension
zu diskutieren. Da ich die Erfahrung sehr anregend fand, habe ich beschlossen,
hier bei Trofis feinste Auslese eine neue Rubrik zu starten, den Dialog. Es ist
klar, dass dies nur dann funktionieren wird, wenn sich auch tatsächlich Leute
zu Wort melden, aber einen Versuch ist es wert. Schauen wir einmal, ich bin
jedenfalls gespannt.
Hier nun
der Dialog, den ich ab 9. Januar 2013 mit einer Leserin führen durfte:
LESERIN: Ich bin
im Wesentlichen Deiner Meinung, vor allem in dem, was Du zu den drei Filmen aus
einem (dünnen) Buch sagst, stimme ich Dir zu: Zwei Filme hätten auch gereicht,
wenn es einer schon nicht getan hätte.
Zu dem,
was Du über losely sagst, gebe ich
Dir auch Recht, aber ich habe mir dazu noch etwas anderes überlegt: Schon als
ich den „Hobbit“ (erneut, als „Vorbereitung“ auf den Film) gelesen habe, habe
ich mir gedacht, dass es schwierig wird, aus diesem Buch einen runden Film, mit
geschlossener, spannender Handlung zu machen. Gerade am „Hobbit“ gibt es meiner
Meinung nach einige Dinge, die in einem Film nicht so dargestellt werden können
bzw. nur ins Medium Buch passen. Außerdem finde ich, dass man bei der Lektüre
des „Hobbit“ merkt, dass Tolkien den „Herrn der Ringe“ schon in irgendeiner
Form im Kopf, also eine Ahnung oder eine Idee hatte – besonders was den „Nekromanten“
betrifft usw. – er diese Idee nur noch nicht ausformulieren konnte. Als ich
dann den „Hobbit“ gesehen habe, habe ich mir zu Anfang auch gedacht, dass sich
Jackson ganz schön etwas heraus genommen hat, die Handlung so zu erweitern (und
das denke ich noch immer). Letztlich bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass
die zusätzlich für den Film erfundene Rahmenhandlung (der Kern um die Reise
usw. ist ja im Grunde nur kaum – oder erträglich – verändert worden) das ist,
was sich Tolkien (vielleicht) gedacht hätte, wenn er den „Hobbit“ nach dem „Herrn
der Ringe“ neu geschrieben hätte. „Der Hobbit“ wurde mit dem „Herrn der Ringe“ gewissermaßen
schlüssig zusammengebunden. Nun ist es natürlich die Frage, ob sich ein Film so
etwas herausnehmen darf. Falls die Antwort aber Ja ist, dann halte ich es
jedenfalls für gelungen. (Und was diesen weißen, riesigen Ork anbelangt, der
die Reisegesellschaft jagt: Na gut, den brauchte es eben, um eine spannende
Handlung für den ersten Teil als eigenständigen Film zu finden ...).
Kostüme
und Detailverliebtheit finde ich wie auch schon beim „Herrn der Ringe“ toll –
ich hätte mir auch einen Film rein über Hobbingen ansehen können ;-)
TFA: Es freut
mich, dass Du es auch so siehst. Das lustige ist ja, dass man/wir dazu
neigt/neigen, Verfilmungen von Büchern, die wir mit Begeisterung (v.a. in
unserer Jugend) gelesen haben, sehr kritisch zu betrachten, während uns bei
Verfilmungen von Büchern, die wir nicht gelesen haben, alles egal ist. Ich war
hier früher sehr viel skeptischer, aber inzwischen versuche ich Buch und Film
stets als zwei verschiedene Dinge zu betrachten.
Ein
Problem beim Jackson-„Hobbit“ ist nur, dass die Motive für die Änderungen so
deutlich sind: Der weiße Ork soll es „spannender“ machen und mehr Verfolgungs-
und Kampfszenen ermöglichen (irgendwo auf Twitter habe ich sinngemäß gelesen „Jackson
kann sich immer noch nicht kurz fassen: 90 Minuten wandern, 90 Minuten kämpfen“);
Galadriel und Saruman haben Auftritte, damit zwei Stars dem Film mehr Glanz
verleihen; die Trolle werden nicht von Gandalf sondern von Bilbo überlistet,
damit die Hauptfigur mehr Gewicht bekommt ... Aber noch einmal: Wenn man den
Film nicht mit dem Buch in der Hand betrachtet, dann ist er gut.
Zur
Verfilmbarkeit des Buchs: Ich stimme Dir zu, aber auch mit einer Ergänzung: Das
Buch ist nun einmal schon fast 80 Jahre alt und zudem ein Kinderbuch. Dass die
Ansprüche eines Fantasy-Publikums inzwischen höher sind, weshalb die Geschichte
etwas peppiger gemacht werden muss, ist verständlich.
Zur
Verknüpfung mit dem „Herrn der Ringe“: Du darfst natürlich nicht außer Acht
lassen, dass wir heute stets die von Tolkien in den 1960ern überarbeitete
Version des „Hobbit“ lesen, die ja gezielt dem „Herrn der Ringe“ angenähert
wurde.
LESERIN: Buch und
Film als zwei verschiedene Dinge zu betrachten, wie du sagst, finde ich auch
sehr wichtig! Es sind nun mal zwei Medien, die nicht immer mit denselben
Mitteln arbeiten können, um z. B. einen Charakter zu vermitteln. Darum fand ich
es – um ein Beispiel von dir zu nehmen – auch nicht so schlimm, dass im „Hobbit“-Film
Bilbo die Trolle überlistet. So kann man – wie das auch mit anderen Szenen
geschehen ist – schnell erklären, wie Bilbo charakterlich ist, dass er von den
Zwergen vielleicht zu Anfang unterschätzt wird und er sich dann zum Meisterdieb
mausert usw. Das Buch kann das viel langsamer machen ... gewisse Änderungen
finde ich also noch OK.
Geärgert
hab ich mich vor allem, dass Jackson den Moment in dem Bilbo den Ring findet
verändert hat – also dass er Bilbo sehen lässt, wie Gollum der Ring aus „der
Tasche“ fällt. Ich fand im Buch die Idee gerade so nett, dass der mehr als
unwahrscheinliche Fall eintritt, dass Bilbo in den kilometerlangen Gängen der
Minen stolpert und mit der Hand genau auf den Ring fällt – das passte so schön
zur der Ring sucht sich seinen Meister
selbst-Idee ...
Eine
Frage hätte ich noch: Was war für dich bis jetzt die beste Buchverfilmung (bei
der du das Buch vorher kanntest)?
TFA: Das ist
eine gute Frage, und ich muss gestehen: mir fallen gar nicht so viele Filme
ein, bei denen ich das Buch bereits vorher
gelesen hatte. Außer dem „Herrn der Ringe“ wohl nur noch „Das Parfum“ – guter
Film übrigens. Theaterstücke zähle ich jetzt nicht, das ist etwas anderes. Es
gibt natürlich viele Filme bei denen ich das Buch später gelesen habe und auch
viele Bücher, deren Verfilmungen mir noch fehlen. Nicht immer muss ein Buch
wirklich so viel besser sein als ein Film. Den Film „Der englische Patient“
liebe ich zum Beispiel, das Buch finde ich schlecht.
Jedenfalls
ein interessantes Thema – vielleicht sollte ich dem einmal einen Blogbeitrag
widmen.