19. Dezember 2014

„Interstellar“ (2014, Christopher Nolan)

Christopher Nolan nimmt uns in seinem neuesten Film „Interstellar“ mit auf eine Reise durch Raum und Zeit. In einer nicht allzu weit entfernten Zukunft ist die Ertragsfähigkeit der Erde an ihre Grenzen gelangt, eine neue technologieskeptische Agrargesellschaft kämpft aussichtslos um den Weiterbestand. Die letzte Hoffnung ist eine Erkundungsmission der NASA, die in einer weit entfernten Galaxie nach einer zur Besiedlung geeigneten neuen Heimat suchen soll. Die Reise führt durch ein Wurmloch zu einem Planetensystem um ein Schwarzes Loch.

Diese kurze Zusammenfassung mag nach einem 08/15-Weltraumfilm klingen, doch müssen etwaige Hoffnungen auf ein geistloses Spektakel gleich zunichtegemacht werden. In „Interstellar“ nehmen die physikalischen Theorien mindestens genauso viel Platz ein wie der praktische Handlungsfortgang. Der Film ist infolgedessen keinesfalls leichte Kost. Muss man deshalb Physiker sein, um mit ihm etwas anfangen zu können? Definitiv nicht! Die im Film behandelten Theorien über Zeit und Raum werden so gut präsentiert, dass man sie auch als Laie vollkommen akzeptieren kann, ohne sie dabei – ja, ich gebe es zu – immer verstehen zu müssen. Ungeachtet der Theorielastigkeit handelt es sich aber auch um einen stark emotionalen Film. Selten habe ich nach einem Kinobesuch eine so lange und lebhafte philosophische Diskussion führen können wie nach „Interstellar“!

Das sowohl inhaltlich wie auch stilistisch (bis hin zur Musik) offensichtliche Vorbild von „Interstellar“ ist natürlich Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ (1968). Vor allem gegen Ende wird diese Hommage besonders deutlich – achten Sie auf die Szenen mit Krankenbett und den Orgelhall bei letzterer der beiden. Für seinen visuell eindrücklichen Film hat Nolan wie immer eine herausragende Gruppe von Darstellern rekrutiert, die mit zu den derzeit wichtigsten Akteuren ihrer Zunft zählen, unter anderem Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Jessica Chastain, Casey Affleck sowie – in seiner bisher bereits sechsten Zusammenarbeit mit Nolan – Altmeister Michael Caine.

Christopher Nolan gilt ja bekanntlich als Meister des intelligenten Blockbusters. Dies hat er mit „Interstellar“ wieder einmal unmißverständlich unterstrichen. Absolute Empfehlung!

4. Dezember 2014

„Gone Girl – Das perfekte Opfer“ (2014, David Fincher)

David Fincher, der, wie regelmäßige Leser dieses Blogs sicher wissen, zu meinen Lieblingsregisseuren zählt, garantiert für Thriller auf höchstem Niveau. Er bedarf dafür aber nicht immer nur der dunklen licht- und farblosen Umgebungen von „Sieben“, „Fight Club“ oder „Panic Room“ – das Gefühl von Beklommenheit kann er auch in der taghellen Weite einer Kleinstadtidylle vermitteln.

Nick Dunne (Ben Affleck) kommt eines Tages nach Hause, seine Frau Amy (Rosamund Pike) ist jedoch verschwunden. Es gibt Hinweise auf einen Gewaltakt, doch weiß die Polizei nicht, in welche Richtung sie ermitteln soll. Die Idylle stellt sich wie so oft als eine Fiktion heraus.

„Gone Girl“ benötigt zunächst scheinbar recht lange, um in die Gänge zu kommen, doch ist dies nur die Vorbereitung auf den ersten einer Reihe von Twists, die den Zuseher mehr oder weniger bis zum Ende des 149 Minuten langen Films in seinen Bann ziehen. Ein Grundtenor im Kinosaal war, dass der Film das falsche Ende habe. Das finde ich nicht; er hat genau das richtige Ende, nur hätte dieses bereits knapp 15 Minuten früher erfolgen sollen. Der Gesamteindruck wird so leider ein wenig getrübt.

Man fühlt sich während des Films – Achtung: für Kenner möglicherweise ein SPOILER – wiederholt an Steven Soderberghs „Side Effects“ erinnert, doch ist das sicher nicht das schlechteste Vergleichsmaterial. Alles in allem ist „Gone Girl“ wohl mit Gewissheit nicht Finchers bester Film – aber bei David Fincher sind sogar seine mittelmäßigen Filme immer noch hervorragend!

6. Oktober 2014

„A Most Wanted Man“ (2014, Anton Corbijn)

Günther Bachmann (der wunderbare Philip Seymour Hoffman in einer seiner letzten Rollen) leitet in Hamburg eine kleine Spionageeinheit (u. a. Daniel Brühl, Nina Hoss), die auf die lokale islamische Gemeinde angesetzt ist. In Konflikt mit seinem Vorgesetzten (Rainer Bock) und seiner CIA-Kontaktfrau (Robin Wright) versucht er einen vermeintlichen tschetschenischen Terroristen (Grigoriy Dobrygin), dessen deutsche Anwältin (Rachel McAdams) und einen britischen Bankier (Willem Dafoe) für die Jagd auf einen mutmaßlichen Financier des Terrorismus zu instrumentalisieren.

„A Most Wanted Man“ ist eine durchaus gelungene John le Carré-Verfilmung, die von Regisseur Anton Corbijn („Control“, „The American“) spannend und gewohnt pessimistisch in Szene gesetzt wurde. Seinen feinen Bildkompositionen sieht man an, dass Corbijn eigentlich aus der Photographie kommt. Die Filmmusik stammt, wie schon bei „The American“, von Corbijns Londoner Nachbarn Herbert Grönemeyer, der hier außerdem wieder einmal einen seiner seltenen Leinwandauftritte gibt.

Einen ganz leicht faden Beigeschmack hat der Film, wenn man ihn sich in der Originalversion ansieht: Der anfänglichen Begeisterung, Hoffman dabei zuzuhören, wie er englisch mit stark deutscher Färbung spricht, weicht das Unverständnis, warum man sich die Mühe dieser Färbungen macht, wenn doch eigentlich fast alle Charaktere miteinander deutsch sprechen sollten. Aber ich vermute, hier muss wohl eine ordentliche suspension of disbelief herhalten. Trotzdem empfehlenswert!

15. September 2014

„Maps to the Stars“ (2014, David Cronenberg)

Eine junge Frau, die nach Hollywood gekommen ist, um dort ihr Glück zu suchen (Mia Wasikowska); ein Limousinenchauffeur, dessen Schauspielkarriere nicht wirklich in Schwung geraten will (Robert Pattinson); ein dreizehnjähriger Teeniestar, der bereits einen Drogenentzug hinter sich hat (Evan Bird); seine ehrgeizige und zielstrebige Mutter (Olivia Williams) und sein als Lebenscoach ordinierender Vater (John Cusack); sowie eine gealterte Schönheit, die auf die eine Comeback-Rolle hofft (Julianne Moore) – so lauten die Voraussetzungen von David Cronenbergs jüngstem Film „Maps to the Stars“, im Laufe dessen sich die Leben der Genannten auf die eine oder andere Art und Weise kreuzen werden.

Regisseur Cronenbergs Werke sind gekennzeichnet von einer besonderen psychologischen Tiefe, die sich in den letzten Jahren vor allem in ruhigen Dialogfilmen manifestierte. Einer seiner auch einem breiteren Publikum bekannten Filme ist dementsprechend mit „Eine dunkle Begierde“ (2011) eine Auseinandersetzung mit der Frühzeit der Psychoanalyse und deren Begründer Sigmund Freud. Dass aber seine Wurzeln im Horrorfilm liegen – vor allem im von ihm stark mitgeprägten Körperhorror – kann (und will) Cronenberg nicht verleugnen. Bereits von Beginn an sind wir in „Maps to the Stars“ mit Brandwunden und Körpermalträtierungen konfrontiert. Nicht zuletzt aber sind auch seine ruhigeren Filme oftmals geprägt von einem plötzlichen Ausbruch extremer Gewalt. Dass „Maps to the Stars“ folglich keine übliche Beleuchtung der Filmindustrie Hollywoods darstellt, darf daher nicht überraschen. Hier sehen wir eine albtraumhafte Hässlichkeit, die uns sonst in ähnlichen Filmen bei aller geäußerten Kritik erspart bleibt. Sehenswert!

5. September 2014

„The Young and Prodigious T.S. Spivet – Die Karte meiner Träume“ (2013, Jean-Pierre Jeunet)

Regisseur Jean-Pierre Jeunet, der in den 1990ern mit schwarzhumorigen Filmen wie „Delicatessen“ und „Alien – Die Wiedergeburt“ von sich reden machte und seit seinem wohl bekanntesten Werk „Die fabelhafte Welt der Amélie“ und „Mathilde – Eine große Liebe“ seinem Surrealismus eine noch stärkere märchenhafte Note verliehen hat, ist mit „Die Karte meiner Träume“ nun beim Familienfilm angekommen.
 
Der begabte zwölfjährige T. S. Spivet (Kyle Catlett) lebt auf einer Ranch in Montana und fühlt sich dort von seiner Familie – der Vater (Callum Keith Rennie) ein anachronistischer Cowboy, die Mutter (Helena Bonham Carter) eine zerstreute Insektenforscherin – nicht verstanden. Als er für eine seiner Erfindungen einen Preis von der Smithsonian Institution in Washington erhalten soll, weil diese ihn für einen Erwachsenen hält, macht er sich alleine auf eine Reise quer durchs Land.

Instinktiv fühlt man sich bei „Die Karte meiner Träume“ an Martin Scorseses „Hugo Cabret“ erinnert: In beiden Fällen sind die Vorlagen reich illustrierte Jugendromane mit besonderer visueller Gestaltung. Die Protagonisten beider Filme sind technisch versierte Zwölfjährige, der eine ein Waise, der andere ein vorgeblicher Waise. Und beide Filme bedienen sich wunderbarer 3D-Effekte, um Zeichnungen auf Papier räumlich zu präsentieren. Doch während Scorseses Film mindestens zu gleichen Teilen auch an Erwachsene gerichtet war, hat Jeunet seinen Fokus wohl vor allem auf das jugendliche Publikum gelegt – zu „einfach“ sind manche Charakterisierungen und Handlungsmuster. So ist „Die Karte meiner Träume“ zwar ein netter Film, der bisweilen auch zu Tränen rührt, vielleicht aber doch ein klein wenig zu naiv und melodramatisch.

28. August 2014

Sight & Sound: The Greatest Documentaries of All Time

In Analogie zur alle zehn Jahre durchgeführten Umfrage nach den besten Filmen aller Zeiten hat „Sight & Sound“ nun erstmals Kritiker, Programmmacher, Akademiker, Verleiher, Publizisten und andere Cinephile nach den besten Dokumentationen aller Zeiten befragt. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Printausgabe (September 2014) und ausführlich auf der Webseite der Zeitschrift nachzulesen.

Wenig überraschend führt „Der Mann mit der Kamera“ (1929, Dziga Vertov) [100 Nennungen] die Ergebnisliste deutlich an – bekleidete dieser doch bereits in der Liste der besten Filme aller Zeiten 2012 den achten Platz. Auf den Plätzen folgen „Shoah“ (1985, Claude Lanzmann) [68] und „Sans Soleil“ (1983, Chris Marker) [62].

Interessant ist aber auch, dass die Tatsache der Umfrage bei vielen der Befragten eine kontroverse Diskussion darüber ausgelöst hat, was überhaupt als Dokumentation bzw. non-fiction zu verstehen ist. Lesenswert zu diesem Thema ist auch der Beitrag von Alexander Horwath, dem Direktor des Österreichischen Filmmuseums, der auf der Webseite von „Sight & Sound“ veröffentlicht wurde (Alexander Horwath: „Top ten nonfictionlessons – for those who take the time …“).

29. Juli 2014

„Boyhood“ (2014, Richard Linklater)

Eines der ambitioniertesten Filmprojekte der vergangenen Jahre und definitiv ein Highlight zumindest dieses Kinojahres ist Richard Linklaters „Boyhood“, der über einen Zeitraum von zwölf Jahren entstanden ist. Erzählt wird die Geschichte des zunächst sechsjährigen Mason (Ellar Coltrane), seiner zwei Jahre älteren Schwester Samantha (Lorelei Linklater) und seiner geschiedenen Eltern Olivia (Patricia Arquette) und Mason Sr. (Ethan Hawke), und das nicht anhand großer Meilensteine sondern anhand der kleinen Nebensächlichkeiten des Lebens. Am Ende ist Mason 18, bezieht sein Zimmer am College und eröffnet damit den nächsten Abschnitt seines Lebens.

Linklaters jüngster Film ist keine Dokumentation im Stile von Michael Apteds „Up“-Reihe, sondern ein gescripteter Spielfilm. Wenngleich über die Jahre hinweg tatsächliche Ereignisse und Entwicklungen durchaus in die Geschichte eingeflossen sind, so hat Linklater doch beteuert, dass das Drehbuch bereits vor Beginn der Dreharbeiten weitestgehend feststand. Trotzdem hat „Boyhood“ etwas ungemein Dokumentarisches an sich, und dies hängt vor allem mit einem ganz wesentlichen Aspekt zusammen: der natürlichen physischen Alterung der Darsteller. Mit Hauptdarsteller Coltrane gelang Linklater ein unglaublicher Glücksgriff – wer hätte bei einem Achtjährigen vorausahnen können, dass er sich nicht nur für die gesamte Laufzeit verpflichten sondern auch schauspielerisch unglaublich weiterentwickeln würde. Doch auch an den Erwachsenen gehen die Jahre nicht spurlos vorüber: Die Lebenserfahrung, die Arquette und Hawke mit Mitte Vierzig Arquette und Hawke mit Anfang Dreißig voraushaben, sieht man ihnen ins Gesicht geschrieben. Waren die beiden in den 1990er-Jahren nicht gefragte Schauspieler, deren Marktwert (zu Unrecht) inzwischen gesunken sein dürfte?

Richard Linklater gelingt mit diesem Film ein Geniestreich, und man fragt sich inzwischen, warum einen das überhaupt noch überrascht. Nicht nur verdanken wir ihm mit der „Before…“-Reihe – übrigens eine weitere Langzeitstudie mit Ethan Hawke – drei der überzeugendsten Dialogfilme über Beziehungen. Alle seine Spielfilme der letzten Jahre („A Scanner Darkly“ „Me and Orson Welles“, „Bernie“, „Before Midnight“) können auch samt und sonders als hervorragend bezeichnet werden.

„Boyhood“ ist möglicherweise der ultimative Film über das Erwachsenwerden – jedenfalls aber ein absolutes Muss!

Ausstellung „Blow-Up. Antonionis Filmklassiker und die Fotografie“ in der Albertina

Bereits seit drei Monaten und nur noch bis zum 17. August 2014 läuft in der Wiener Albertina eine Ausstellung über Michelangelo Antonionis „Blow-Up“ (1966), die ich im Juni besucht habe. Antonionis Film mit David Hemmings und Vanessa Redgrave in den Hauptrollen ist einerseits immer noch ein hervorragend gemachter Thriller – ein Modephotograph glaubt auf seinen Photographien zufällig einen Mord dokumentiert zu haben und beginnt, um sich Gewissheit zu verschaffen, dieselben immer weiter zu vergrößern – andererseits aber auch ein eindringliches Dokument der Londoner Swinging Sixties.

Die Ausstellung in der Albertina beleuchtet das Thema Photographie in seinen unterschiedlichen im Film präsentierten Facetten: die Revolution der Modephotographie in den 1960ern, der Kontrast zu sozialrealistischen Dokumentationen, die philosophische Frage nach dem Wert eines Bildes für die Wahrnehmung der „Realität“. Ergänzt wird das reiche Photomaterial durch Filmausschnitte aus „Blow-Up“. Eine spannende Ausstellung wohl auch für jene, die den Film noch nicht kennen.

24. Juli 2014

„Locke – No Turning Back“ (2013, Steven Knight)

Eineinhalb Stunden sehen wir Tom Hardy dabei zu, wie er nächtens die Autobahn von Birmingham nach London entlangfährt und über die Freisprecheinrichtung seines BMW versucht, sein über ihm zusammenbrechendes Berufs- und Privatleben zu retten – und langweilen uns doch keinen einzigen Moment. „Locke“, der in Österreich unter dem Titel „No Turning Back“ in die Kinos gekommen ist, ist ein Geniestreich minimalistischer Inszenierung mit voller Konzentration auf seinen erstklassig gemimten Protagonisten. Ein Muss!

„Her“ (2013, Spike Jonze)

Als ich erstmals eine Ankündigung von „Her“ las, fühlte ich mich an eine Episode von „The Big Bang Theory“ erinnert, doch weit gefehlt: Spike Jonzes jüngster Film ist keine halblustige Klamotte, sondern ein sensibler und wunderbarer Liebesfilm, den man trotz seines unernst anmutenden Plots – der professionelle Briefeschreiber Theodore Twombly (Joaquin Phoenix) geht eine Liebesbeziehung mit seinem Computer-Betriebssystem Samantha (die Stimme von Scarlett Johansson) ein – absolut ernst nimmt.

Zu Recht wurde das Talent des Ausnahmekünstlers Jonze (der Mann, der schon „Being John Malkovich“ gedreht, „Jackass“-Filme produziert und in Fatboy Slim-Videos „getanzt“ hat) dieses Jahr mit einem Oscar gewürdigt (für das beste Drehbuch). Doch auch Phoenix stellt wieder einmal nach seiner fiktiven Auszeit seine unglaublichen Qualitäten unter Beweis. Unterstützt wird er dabei von einer kleinen Gruppe ebenfalls vorzüglich agierender Kollegen – unter anderem Amy Adams, Chris Pratt und Rooney Mara. Ebenfalls unbedingt erwähnt werden müssen das futuristische Produktionsdesign von K. K. Barrett und die Filmmusik von Arcade Fire.

22. Juli 2014

„Die zwei Gesichter des Januars“ (2014, Hossein Amini)

In aller Kürze: Nach einem Roman von Patricia Highsmith zeigt uns Regieneuling Hossein Amini (Drehbuchautor von „Drive“ (2011)) Viggo Mortensen, Oscar Isaac und Kirsten Dunst als zu einem Zweckbündnis vereinte Amerikaner im Griechenland der frühen 1960er-Jahre. Obwohl dieses period setting allein bereits reizvoll sein könnte, liegt die Stärke von „Die zwei Gesichter des Januars“ jedoch in seinem vollen Fokus auf das Spiel der drei Schauspieler. Zwar geht dem Film gegen Ende ein wenig der Atem aus, doch hat er uns bis dahin einen durchaus spannenden Kinoabend geboten.

„Grand Budapest Hotel“ (2014, Wes Anderson)

Wieder einmal nur mit sehr großer Verzögerung (4 ½ Monate!) ist es mir möglich, etwas über meine Kinobesuche zu schreiben.
 
„Grand Budapest Hotel“ erlebte im Vorfeld eine so starke Antizipation wie kein anderer Film des Regisseurs Wes Andersons. Grund hierfür waren sicherlich die öffentlich von Anderson bekundete Inspiration durch die Werke Stefan Zweigs und nicht zuletzt auch das gut gewählte Premierenumfeld auf der Berlinale, die für ein breit gefächertes Interesse sorgten. Unzählige europäische Kinobesucher haben sich folglich den Film nicht wegen Anderson sondern wegen Zweig angesehen.

Die Welten Wes Andersons sind meist bevölkert von (sehr) gut situierten Angehörigen des gehobenen Mittelstandes. Insofern stellt das zwar in einem Luxushotel angesiedelte, sich jedoch vorrangig mit den Untergebenen beschäftigende „Grand Budapest Hotel“, das sich als Abgesang auf eine untergegangene Ära präsentiert, eine Erweiterung von Andersons Spektrum dar (auch wenn Anderson deshalb noch kein Roberto Rossellini ist; seine Settings sind immer noch märchenhaft und zuckerlrosa). Auch ein anderes Anderson-Thema, die Familie, tritt dieses Mal deutlich in den Hintergrund. Seinem ganz eigenen Stil – perfekt inszenierte (symmetrische) Kameraeinstellungen, lineare Kamerabewegungen, ausgewählte Farbpaletten – ist Anderson jedoch auch dieses Mal treu geblieben.

Beeindruckend ist die Riege an Stars, die Anderson wieder einmal versammelt hat (zum Teil lediglich mit Kleinstauftritten, nicht nur die üblichen Verdächtigen) und die das bisher von ihm gewohnte noch auf die Spitze treibt: Ralph Fiennes, Edward Norton, Jude Law, F. Murray Abraham, Adrien Brody, Jeff Goldblum, Willem Dafoe, Tilda Swinton, Harvey Keitel, Tom Wilkinson, Bill Murray, Jason Schwartzman, Owen Wilson, Bob Balaban, Mathieu Amalric, Léa Seydoux, dazu unter anderem auch der Neuling Tony Revolori, wobei – und da schließe ich mich dem allgemeinen Chor der Lobeshymnen an – vor allem Hauptdarsteller Fiennes mit seinem unerwarteten komödiantischen Talent das Rückgrat und Highlight des Ensembles bildet.

So sehr „Grand Budapest Hotel“ ein hervorragender Film sein mag – und das ist er zweifelsfrei – so sehr bleibt jedoch eine ganz leichte Enttäuschung. Das überwältigend positive Echo, das der Film bei Betrachtern hervorgerufen hat, scheint mir wohl in erster Linie der Tatsache geschuldet zu sein, dass es für die meisten der erste Kontakt mit dem Stil und der Erzählweise Andersons war. Kennt man hingegen noch andere Anderson-Filme – und das möge jetzt bitte nicht überheblich herüberkommen – dann weiß man, dass der Regisseur in der Vergangenheit zum Teil noch bessere Ergebnisse geliefert hat. Doch das möge den Ruhm von „Grand Budapest Hotel“ jetzt nicht schmälern.

1. März 2014

Oscar-Verleihung 2014: Tipps & Wünsche

Morgen, am Sonntag, dem 2. März 2014, werden die diesjährigen Academy Awards vergeben. Im Folgenden finden sich sämtliche Nominierungen sowie meine Tipps und meine Wünsche. Ist mir eine Aussage nicht möglich, dann lasse ich es sein. Kursiv wiedergegeben werden jene Filme, die ich bereits gesehen habe. Bis auf „Her“ und „Im August in Osage County“ waren bzw. sind sämtliche Filme, die in den Hauptkategorien nominiert sind, in Österreich bereits regulär im Kino zu sehen.

Bester Film
„American Hustle“
„Captain Phillips“
„Dallas Buyers Club“
„Gravity“
„Her“
„Nebraska“
„Philomena“
„12 Years a Slave“
„The Wolf of Wall Street“
Von jenen Filmen, die ich gesehen habe, fand ich wohl „Nebraska“ und „12 Years a Slave“ am besten – beiden würde ich die Auszeichnung wünschen. Der Logik der Academy folgend, wird der Sieger wohl „12 Years a Slave“ heißen.
Tipp: „12 Years a Slave“. Wunsch: „Nebraska“ oder „12 Years a Slave“.

Beste Regie
Alfonso Cuarón – „Gravity“
Steve McQueen – „12 Years a Slave“
Alexander Payne – „Nebraska“
David O. Russell – „American Hustle“
Martin Scorsese – „The Wolf of Wall Street“
Allein schon aufgrund des jeweiligen beeindruckenden Gesamtoeuvres hätte es jeder der fünf Regisseure verdient, die Auszeichnung mit nach Hause zu nehmen. Alle fünf Nominierten zählen zu jenen Filmschaffenden, die ich sehr schätze und deren Filme ich mir auch ohne Auszeichnungen schon aus Prinzip immer ansehen möchte. Jetzt auf die aktuellen Filme bezogen wohl am wenigsten verdient – und ich hätte nicht gedacht, dass ich das jemals sagen würde – hat es Martin Scorsese, da er für „The Wolf of Wall Street“ durch das Aufwärmen alter Rezepte das geringste Risiko eingegangen ist. Auch David O. Russell hat schon bessere Filme gemacht. In der konkret vorliegenden Situation würde ich die Auszeichnung Alfonso Cuarón, Alexander Payne oder Steve McQueen mehr wünschen. Letzterer hat wohl auch die meisten Chancen.
Tipp: Steve McQueen. Wunsch: Alfonso Cuarón, Alexander Payne oder Steve McQueen.

Bester Hauptdarsteller
Christian Bale – „American Hustle“
Bruce Dern – „Nebraska“
Leonardo DiCaprio – „The Wolf of Wall Street“
Chiwetel Ejiofor – „12 Years a Slave“
Matthew McConaughey – „Dallas Buyers Club“
Alle fünf Nominierten stehen würdig auf der Liste und allen fünf würde ich die Auszeichnung wünschen, aus Sentimentalität dem Alter gegenüber wohl am meisten Bruce Dern, aber ein Oscar für Leonardo DiCaprio ist auch schon längst überfällig. Nach der bisherigen Award-Saison zu urteilen, hat Matthew McConaughey wohl aber tatsächlich die besten Karten.
Tipp: Matthew McConaughey. Wunsch: allen.

Beste Hauptdarstellerin
Amy Adams – „American Hustle“
Cate Blanchett – „Blue Jasmine“
Sandra Bullock – „Gravity“
Judi Dench – „Philomena“
Meryl Streep – „Im August in Osage County“ („August: Osage County“)
Bei den Frauen fällt mir die Wahl meist schwerer, was wohl auch mit der geringeren Bandbreite an Frauenrollen in Hollywood zu tun hat. Am ehesten wünsche ich die Auszeichnung Sandra Bullock, da sie es geschafft hat, „Gravity“ wirklich mehr oder weniger im Alleingang zu stemmen – und das noch dazu in einer Greenbox hängend. Diese Ansicht wird wohl auch die Academy teilen.
Tipp & Wunsch: Sandra Bullock.

Bester Nebendarsteller
Barkhad Abdi – „Captain Phillips“
Bradley Cooper – „American Hustle“
Michael Fassbender – „12 Years a Slave“
Jonah Hill – „The Wolf of Wall Street“
Jared Leto – „Dallas Buyers Club“
Barkhad Abdi habe ich nicht gesehen, aber die Leistungen der anderen vier Schauspieler fand ich allesamt hervorragend. Wünschen würde ich den Oscar wohl am ehesten Michael Fassbender, erhalten wird ihn wahrscheinlich der Favorit Jared Leto.
Tipp: Jared Leto. Wunsch: Michael Fassbender.

Beste Nebendarstellerin
Sally Hawkins – „Blue Jasmine“
Jennifer Lawrence – „American Hustle“
Lupita Nyong’o – „12 Years a Slave“
Julia Roberts – „Im August in Osage County“
June Squibb – „Nebraska“
Ich schätze Jennifer Lawrence sehr, aber mehr wünschen würde ich die Auszeichnung Lupita Nyong’o oder June Squibb. Nyong’o könnte die tatsächliche Gewinnerin sein.
Tipp: Lupita Nyong’o. Wunsch: Lupita Nyong’o oder June Squibb.

Bestes Originaldrehbuch
„American Hustle“ – Eric Warren Singer und David O. Russell
„Blue Jasmine“ – Woody Allen
„Dallas Buyers Club“ – Craig Borten und Melisa Wallack
„Her“ – Spike Jonze
„Nebraska“ – Bob Nelson
Ich sage nur „Nebraska“.
Tipp & Wunsch: „Nebraska“.

Bestes adaptiertes Drehbuch
„12 Years a Slave“ – John Ridley
„Before Midnight“ – Richard Linklater, Julie Delpy, Ethan Hawke
„Captain Phillips“ – Billy Ray
„Philomena“ – Steve Coogan und Jeff Pope
„The Wolf of Wall Street“ – Terence Winter
Für „Before Midnight“ würde ich es mir wahnsinnig wünschen, weil der Film eines meiner persönlichen Highlights des vergangenen Kinojahres war; wahrscheinlicher ist jedoch „12 Years a Slave“
Tipp: „12 Years a Slave“. Wunsch: „Before Midnight“.

Bester Animationsfilm
„Die Croods“ („The Croods“) – Chris Sanders, Kirk DeMicco und Kristine Belson
„Ich – Einfach Unverbesserlich 2“ („Despicable Me 2“) – Chris Renaud, Pierre Coffin und Chris Meledandri
„Ernest & Celestine“ – Benjamin Renner und Didier Brunner
„Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ („Frozen“) – Chris Buck, Jennifer Lee und Peter Del Vecho
„Kaze Tachinu“ – Hayao Miyazaki und Toshio Suzuki
Ich habe keinen der Filme gesehen, vermute aber, dass die Auszeichnung an „Ich – Einfach Unverbesserlich 2“ gehen wird.
Tipp: „Ich – Einfach Unverbesserlich 2“.

Bester fremdsprachiger Film
„The Broken Circle“ („The Broken Circle Breakdown“) – Belgien (Regie: Felix Van Groeningen)
„Das fehlende Bild“ („L’image manquante“) – Kambodscha (Regie: Rithy Panh)
„Die Jagd“ („Jagten“) – Dänemark (Regie: Thomas Vinterberg)
„La Grande Bellezza – Die große Schönheit“ („La grande bellezza“) – Italien (Regie: Paolo Sorrentino)
„Omar“ – Palästinensische Autonomiegebiete (Regie: Hany Abu-Assad)
Gesehen habe ich von den fünf Filmen leider nur „Die Jagd“, der es jedenfalls verdient hätte, war er doch unter den besten meines vergangenen Kinojahres. „La Grande Bellezza“ habe ich unverzeihlicherweise stets vor mir hergeschoben, bis der Film irgendwann nicht mehr (zu einer anständigen Zeit) im Kino lief; ich schätze die Filme Sorrentinos zwar, empfinde sie aber gleichzeitig als sehr fordernd. Von Hany Abu-Assads „Paradise Now“ war ich sehr beeindruckt, sein aktueller Film „Omar“ ist bei uns jedoch leider noch nicht gelaufen. Das Rennen machen wird wie bei den Golden Globes wohl „La Grande Bellezza“.
Tipp: „La Grande Bellezza“. Wunsch: „La Grande Bellezza“ oder „Die Jagd“.

Bester animierter Kurzfilm
„Feral“ – Daniel Sousa, Dan Golden
„Get a Horse!“ – Lauren MacMullan, Dorothy McKim
„Mr Hublot“ – Laurent Witz, Alexandre Espigares
„Possessions“ – Shūhei Morita
„Für Hund und Katz ist auch noch Platz“ („Room on the Broom“) – Max Lang, Jan Lachauer

Bester Kurzfilm
„Aquel no era yo“ – Esteban Crespo
„Avant que de tout perdre“ – Xavier Legrand und Alexandre Gavras
„Helium“ – Anders Walter und Kim Magnusson
„Pitääkö Mun Kaikki Hoitaa?“ – Selma Vilhunen und Kirsikka Saari
„The Voorman Problem“ – Mark Gill und Baldwin Li

Bestes Szenenbild
„12 Years a Slave“ – Adam Stockhausen und Alice Baker
„American Hustle“ – Judy Becker und Heather Loeffler
„Gravity“ – Andy Nicholson, Rosie Goodwin und Joanne Woollard
„Der große Gatsby“ („The Great Gatsby“) – Catherine Martin und Beverley Dunn
„Her“ – K. K. Barrett und Gene Serdena
Die Nominierungen für „12 Years a Slave“, „American Hustle“ und „Der große Gatsby“ sind sehr verdient. Ich wünsche es dem Film, der es vermutlich auch werden wird, nämlich „12 Years a Slave“.
Tipp & Wunsch: „12 Years a Slave“.

Beste Kamera
„The Grandmaster“ – Philippe Le Sourd
„Gravity“ – Emmanuel Lubezki
„Inside Llewyn Davis“ – Bruno Delbonnel
„Nebraska“ – Phedon Papamichael
„Prisoners“ – Roger Deakins
Das Schwarzweiß von „Nebraska“ hat mich ebenso begeistert wie die schwerelose Kameraführung Emmanuel Lubezkis in „Gravity“. Die Logik der Academy beachtend wird es wohl eher letzterer werden.
Tipp: „Gravity“. Wunsch: „Gravity“ oder „Nebraska“.

Bestes Kostümdesign
„12 Years a Slave“ – Patricia Norris
„American Hustle“ – Michael Wilkinson
„The Grandmaster“ – William Chang Suk Ping
„Der große Gatsby“ – Catherine Martin
„The Invisible Woman“ – Michael O’Connor
Wieder hätten es „12 Years a Slave“, „American Hustle“ und „Der große Gatsby“ durchaus verdient, in dieser Kategorie zu gewinnen. Ob es am Ende dann die 1850er oder die 1970er werden, ist aber gar nicht so leicht zu sagen.
Tipp: „12 Years a Slave“. Wunsch: „12 Years a Slave“ oder „American Hustle“.

Bester Dokumentarfilm
„20 Feet from Stardom“ – Morgan Neville, Gil Friesen und Caitrin Rogers
„The Act of Killing“ – Joshua Oppenheimer und Signe Byrge Sørensen
„Cutie and the Boxer“ – Zachary Heinzerling und Lydia Dean Pilcher
„Dirty Wars: The World Is a Battlefield (Dirty Wars)“ – Richard Rowley und Jeremy Scahill
„Al Midan“ – Jehane Noujaim und Karim Amer
Ich habe keinen der Dokumentarfilme gesehen, vermute aber, dass „The Act of Killing“, der bereits den Europäischen Filmpreis erhalten hat, wohl die besten Chancen hat.
Tipp: „The Act of Killing“.

Bester Dokumentar-Kurzfilm
„CaveDigger“ – Jeffrey Karoff
„Facing Fear“ – Jason Cohen
„Karama Has No Walls“ – Sara Ishaq
„The Lady in Number 6“ – Malcolm Clarke und Nicholas Reed
„Prison Terminal: The Last Days of Private Jack Hall“ – Edgar Barens

Bester Schnitt
„12 Years a Slave“ – Joe Walker
„American Hustle“ – Jay Cassidy, Crispin Struthers und Alan Baumgarten
„Captain Phillips“ – Christopher Rouse
„Dallas Buyers Club“ – John Mac McMurphy und Martin Pensa
„Gravity“ – Alfonso Cuarón und Mark Sanger
Wenn man mitberücksichtigt, dass Schnitt auch Nicht-Schnitt sein kann, dann geht die Auszeichnung verdientermaßen an „12 Years a Slave“.
Tipp & Wunsch: „12 Years a Slave“.

Bestes Make-Up und beste Frisuren
„Dallas Buyers Club“ – Adruitha Lee und Robin Mathews
„Jackass: Bad Grandpa“ („Jackass Presents: Bad Grandpa“) – Stephen Prouty
„Lone Ranger“ („The Lone Ranger“) – Joel Harlow und Gloria Pasqua-Casny
Tipp & Wunsch: „Dallas Buyers Club“.

Beste Filmmusik
„Die Bücherdiebin“ („The Book Thief“) – John Williams
„Gravity“ – Steven Price
„Her“ – William Butler und Owen Pallett
„Philomena“ – Alexandre Desplat
„Saving Mr. Banks“ – Thomas Newman
Ohne die Scores gehört zu haben, würde ich persönlich Alexandre Desplat endlich einen Oscar wünschen. Einen Tipp kann ich beim besten Willen nicht abgeben.
Wunsch: „Philomena“.

Bester Filmsong
„Happy“ aus „Ich – Einfach Unverbesserlich 2“ – Pharrell Williams
„Let It Go“ aus „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ – Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez
„The Moon Song“ aus „Her“ – Karen O und Spike Jonze
„Ordinary Love“ aus „Mandela – Der lange Weg zur Freiheit“ („Mandela: Long Walk to Freedom“) – Paul Hewson, Dave Evans, Adam Clayton, Larry Mullen
Filmsongs haben den Vorteil, dass man sie sich auch einfach anhören kann ohne den dazugehörigen Film zu sehen; zudem läuft „Happy“ ständig im Radio, „Ordinary Love“ kannte ich so schon. Der U2-Song ist es auch, der völlig verdient mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit siegen wird, und zwar nicht nur, weil er eindeutig der beste ist, sondern weil es Pop-Giganten bei den Oscars prinzipiell leicht habe.
Tipp & Wunsch: „Ordinary Love“.

Bester Ton
„Captain Phillips“ – Chris Burdon, Mark Taylor, Mike Prestwood Smith und Chris Munro
„Gravity“ – Skip Lievsay, Niv Adiri, Christopher Benstead und Chris Munro
„Der Hobbit – Smaugs Einöde“ („The Hobbit: The Desolation of Smaug“) – Christopher Boyes, Michael Hedges, Michael Semanick und Tony Johnson
„Inside Llewyn Davis“ – Skip Lievsay, Greg Orloff und Peter F. Kurland
„Lone Survivor“ – Andy Koyama, Beau Borders und David Brownlow
Wie jedes Jahr möchte ich an dieser Stelle betonen, dass ich der Meiung bin, dass es für Laien besonders schwer ist, den Ton zu beurteilen. Ich glaube aber, dass die Auszeichnung an „Gravity“ gehen könnte für den Weltraum-Nicht-Ton. Ebenfalls wünschen würde ich es „Inside Llewyn Davis“.
Tipp: „Gravity“. Wunsch: „Gravity“ oder „Inside Llewyn Davis“.

Bester Tonschnitt
„All Is Lost“ – Steve Boeddeker und Richard Hymns
„Captain Phillips“ – Oliver Tarney
„Gravity“ – Glenn Freemantle
„Der Hobbit – Smaugs Einöde“ – Brent Burge
„Lone Survivor“ – Wylie Stateman
Auch dieser Oscar könnte an „Gravity“ gehen.
Tipp & Wunsch: „Gravity“.

Beste visuelle Effekte
„Gravity“ – Tim Webber, Chris Lawrence, Dave Shirk und Neil Corbould
„Der Hobbit – Smaugs Einöde“ – Joe Letteri, Eric Saindon, David Clayton und Eric Reynolds
„Iron Man 3“ – Christopher Townsend, Guy Williams, Erik Nash und Daniel Sudick
„Lone Ranger“ – Tim Alexander, Gary Brozenich, Edson Williams und John Frazier
„Star Trek Into Darkness“ – Roger Guyett, Patrick Tubach, Ben Grossmann und Burt Dalton
Diese Auszeichnung wird ebenfalls „Gravity“ einheimsen, weil die Academy es glaube ich gerne sieht, wenn gerade diese Kategorie mit anspruchsvollem Kino verknüpft wird. Ich habe überhaupt kein Problem damit.
Tipp & Wunsch: „Gravity“.

28. Februar 2014

„Inside Llewyn Davis“ (2013, Ethan & Joel Coen)

In gewisser Weise ist der aktuelle Film der Coen-Brüder eine logische Fortführung ihres eigenen Films „O Brother, Where Art Thou?“, wenn auch mit deutlich melancholischerem Grundton. Wie schon in der Flucht der drei Soggy Bottom Boys spiegelt sich auch in den Irrfahrten des erfolglosen Folkmusikers Llewyn Davis (Oscar Isaac) durch das New Yorker Greenwich Village des Jahres 1961 Homers Odyssee wider. Und für jene, die das nicht auf Anhieb erkennen wollen, gibt es auch noch eine sehr zielstrebige Katze.

„Inside Llewyn Davis“ gehört zu den ernsteren Coen-Filmen, wie etwa „No Country for Old Men“ oder „A Serious Man“, die weniger ins absurd-komische gehen. Wie immer können die Coens auf eine Riege hervorragender Schauspieler zurückgreifen; neben Isaac sind Carey Mulligan, Justin Timberlake, John Goodman, F. Murray Abraham und Garrett Hedlund zu sehen. Die Stimmung des Films wird aber maßgeblich bestimmt von den vielen bewegenden Folkliedern, die zum Großteil von den Schauspielern selbst gesungen werden und in voller Länge zu hören sind. Man kann am Ende gar nicht anders, als mit einem Lächeln im Gesicht aus dem Kino zu gehen und sich den Soundtrack zu kaufen.