19. Dezember 2014

„Interstellar“ (2014, Christopher Nolan)

Christopher Nolan nimmt uns in seinem neuesten Film „Interstellar“ mit auf eine Reise durch Raum und Zeit. In einer nicht allzu weit entfernten Zukunft ist die Ertragsfähigkeit der Erde an ihre Grenzen gelangt, eine neue technologieskeptische Agrargesellschaft kämpft aussichtslos um den Weiterbestand. Die letzte Hoffnung ist eine Erkundungsmission der NASA, die in einer weit entfernten Galaxie nach einer zur Besiedlung geeigneten neuen Heimat suchen soll. Die Reise führt durch ein Wurmloch zu einem Planetensystem um ein Schwarzes Loch.

Diese kurze Zusammenfassung mag nach einem 08/15-Weltraumfilm klingen, doch müssen etwaige Hoffnungen auf ein geistloses Spektakel gleich zunichtegemacht werden. In „Interstellar“ nehmen die physikalischen Theorien mindestens genauso viel Platz ein wie der praktische Handlungsfortgang. Der Film ist infolgedessen keinesfalls leichte Kost. Muss man deshalb Physiker sein, um mit ihm etwas anfangen zu können? Definitiv nicht! Die im Film behandelten Theorien über Zeit und Raum werden so gut präsentiert, dass man sie auch als Laie vollkommen akzeptieren kann, ohne sie dabei – ja, ich gebe es zu – immer verstehen zu müssen. Ungeachtet der Theorielastigkeit handelt es sich aber auch um einen stark emotionalen Film. Selten habe ich nach einem Kinobesuch eine so lange und lebhafte philosophische Diskussion führen können wie nach „Interstellar“!

Das sowohl inhaltlich wie auch stilistisch (bis hin zur Musik) offensichtliche Vorbild von „Interstellar“ ist natürlich Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ (1968). Vor allem gegen Ende wird diese Hommage besonders deutlich – achten Sie auf die Szenen mit Krankenbett und den Orgelhall bei letzterer der beiden. Für seinen visuell eindrücklichen Film hat Nolan wie immer eine herausragende Gruppe von Darstellern rekrutiert, die mit zu den derzeit wichtigsten Akteuren ihrer Zunft zählen, unter anderem Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Jessica Chastain, Casey Affleck sowie – in seiner bisher bereits sechsten Zusammenarbeit mit Nolan – Altmeister Michael Caine.

Christopher Nolan gilt ja bekanntlich als Meister des intelligenten Blockbusters. Dies hat er mit „Interstellar“ wieder einmal unmißverständlich unterstrichen. Absolute Empfehlung!

4. Dezember 2014

„Gone Girl – Das perfekte Opfer“ (2014, David Fincher)

David Fincher, der, wie regelmäßige Leser dieses Blogs sicher wissen, zu meinen Lieblingsregisseuren zählt, garantiert für Thriller auf höchstem Niveau. Er bedarf dafür aber nicht immer nur der dunklen licht- und farblosen Umgebungen von „Sieben“, „Fight Club“ oder „Panic Room“ – das Gefühl von Beklommenheit kann er auch in der taghellen Weite einer Kleinstadtidylle vermitteln.

Nick Dunne (Ben Affleck) kommt eines Tages nach Hause, seine Frau Amy (Rosamund Pike) ist jedoch verschwunden. Es gibt Hinweise auf einen Gewaltakt, doch weiß die Polizei nicht, in welche Richtung sie ermitteln soll. Die Idylle stellt sich wie so oft als eine Fiktion heraus.

„Gone Girl“ benötigt zunächst scheinbar recht lange, um in die Gänge zu kommen, doch ist dies nur die Vorbereitung auf den ersten einer Reihe von Twists, die den Zuseher mehr oder weniger bis zum Ende des 149 Minuten langen Films in seinen Bann ziehen. Ein Grundtenor im Kinosaal war, dass der Film das falsche Ende habe. Das finde ich nicht; er hat genau das richtige Ende, nur hätte dieses bereits knapp 15 Minuten früher erfolgen sollen. Der Gesamteindruck wird so leider ein wenig getrübt.

Man fühlt sich während des Films – Achtung: für Kenner möglicherweise ein SPOILER – wiederholt an Steven Soderberghs „Side Effects“ erinnert, doch ist das sicher nicht das schlechteste Vergleichsmaterial. Alles in allem ist „Gone Girl“ wohl mit Gewissheit nicht Finchers bester Film – aber bei David Fincher sind sogar seine mittelmäßigen Filme immer noch hervorragend!