27. Juni 2013

„The Place Beyond the Pines“ (2012, Derek Cianfrance)

Ganz anders als einem die Kinovorschau weismachen möchte, ist „The Place Beyond the Pines“ alles andere als ein actiongeladener Motorradfilm. Regisseur Derek Cianfrance, der bereits mit „Blue Valentine“ begeisterte, inszeniert einen sehr nachdenklichen Film über Väter und Söhne. „The Place Beyond the Pines“ gliedert sich in drei verschiedene Abschnitte auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen. Während der erste Teil ein wenig an eine Mischung aus „Heat“ und „Drive“ erinnert, gemahnt der zweite an Filme von Sidney Lumet wie etwa „Prince of the City“. Der dritte Abschnitt wiederum zitiert klassische Highschool- und Coming-of-Age-Dramen der 1980er, vielleicht am deutlichsten Francis Ford Coppolas „Rumble Fish“.

Die Kamera von Sean Bobbitt, der auch an den beiden Steve McQueen-Filmen „Hunger“ und „Shame“ beteiligt war, verleiht dem Film eine sehr nüchterne Schönheit. Die große Stärke von „The Place Beyond the Pines“ ist jedoch die Schauspielerriege, die durch die Bank hervorragend agiert. Neben den Hauptdarstellern Ryan Gosling und Bradley Cooper sind hier vor allem Eva Mendes, Ben Mendelsohn, Mahershala Ali und Ray Liotta hervorzuheben.

Auch wenn ich mir dafür bereits einige ungläubige Blicke eingeheimst habe, kann ich „The Place Beyond the Pines“ nur unbedingt empfehlen!

„To the Wonder“ (2012, Terrence Malick)

Terrence Malick, ehemaliger Professor für Philosophie, hat sich in letzter Zeit ja zu einem wahren Vielarbeiter gewandelt (für seine Verhältnisse): Er hat in den letzten 40 Jahren lediglich sechs Filme gedreht, davon jedoch drei in den letzten sieben Jahren. Nun ist mit „To the Wonder“ die Nummer Sechs auch bei uns im Kino zu sehen gewesen.

Terrence Malick liebt man oder hasst man. Ich gehöre zu ersterer Gruppe, doch muss ich zugegeben, dass es mir „To the Wonder“ nicht immer ganz einfach mit dieser Entscheidung gemacht hat. Eine Inhaltsangabe zu geben kann man sich sparen, da sich der Regisseur vor allem in der ersten Hälfte des Films immer mehr von einer regulären Handlung entfernt. So besteht die Aufgabe von Schauspielern Ben Affleck, Olga Kurylenko, Rachel McAdams und Javier Bardem weniger im Reden (bis auf die obligatorischen Voice-over) als vielmehr im Schauen. Dabei darf natürlich auch das Malick-Klischee schlechthin, der schweigende Gang durch eine Wiese oder ein Feld, keinesfalls fehlen.

Wenn der Film jedoch auch manche augenfällige Schwäche haben mag, so ist ein Verriss nicht angebracht. Auf Terrence Malick muss man sich einlassen. Wenn man dies tut, dann taucht man ein in eine Bilderflut, die wie schon bei „The New World“ und „The Tree of Life“ von Kameramann Emmanuel Lubezki in wunderbarer Schönheit gestaltet wurde. Worum es bei „To the Wonder“ nun geht? Es ist ein Film über das Geschenk von Beziehungen – sei es zu einem Menschen, sei es zu Gott – und deren Zerbrechlichkeit.

15. Juni 2013

„Der große Gatsby“ (2013, Baz Luhrmann)

Bereits vor zwei Wochen habe ich mir Baz Luhrmanns „Der große Gatsby“ angeschaut. Die Romanvorlage von F. Scott Fitzgerald ist seit ihrem Erscheinen 1925 mehrmals verfilmt worden, wobei die bekannteste Adaption wohl jene von Jack Clayton aus dem Jahr 1974 mit Robert Redford und Mia Farrow sein dürfte; ich selbst kannte bisher jedoch keine der Verfilmungen. Als Jugendlicher habe ich einst das Buch gelesen, ich musste aber feststellen, dass ich kaum noch eine Erinnerung daran hatte und vieles damals wohl auch gar nicht verstanden habe.

Nick Carraway (Tobey Maguire), ein eben vom College kommender junger Börsenmakler, erzählt uns die Geschichte seines Nachbarn Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio), eines mysteriösen Neureichen, der auf seinem Anwesen auf Long Island rauschende Feste feiert. Gatsby ist Carraway zugetan, was aber nicht zuletzt mit dessen Cousine Daisy (Carey Mulligan) zusammenhängt. Daisy, eine Verflossene Gatsbys, wohnt mit ihrem versnobten Ehemann Tom Buchanan (Joel Edgerton) auf der anderen Seite der Bucht. Zunehmend offenbart uns Carraway die Geheimnisse um Gatsby. Dabei ist das erste Problem des Films bereits die Buchvorlage. Der Roman „Der große Gatsby“ und dessen Moralvorstellung stammen nun einmal aus einer anderen Zeit und passen meiner Meinung nach nicht mehr so ohne weiteres in unsere heutige Gegenwart. Die unwidersprochene Grundannahme, dass moralisches Handeln nicht von Bedeutung für die Beurteilung einer Person ist solange diese nur etwas aus sich und ihrem Leben macht, scheint mir problematisch. Doch darauf muss man sich wohl einlassen, wenn es um die Verfilmung eines Stückes Weltliteratur geht.

Bei der Beurteilung des nun erschienenen Films „Der große Gatsby“ darf man wohl nicht allzu streng sein: Wenn irgendwo Baz Luhrmann („William Shakespeares Romeo + Julia“, „Moulin Rouge“, „Australia“) draufsteht, dann bekommt man auch Baz Luhrmann. Es ist fast schon beeindruckend, wie der Regisseur selbst mit Schauspielern wie DiCaprio, Maguire und Mulligan einen Film mit so wenig Gefühl zustande bringen konnte. Doch dafür ist der geneigte Betrachter ausnahmsweise ohnedies nicht ins Kino gegangen. Von Luhrmann erwartet man Bildgewalt und Opulenz, und die bekommt man auch: die von Catherine Martin designten Art déco-Sets, die mit bewussten Anachronismen gespickten Inszenierungen der ausgelassenen Partys, die in ihrer Ästhetik an Plakate und Illustrationen der 1920er erinnernde (und vereinzelt sogar ins comichafte übergehende) Bildgestaltung – das alles gilt es in 3D zu bestaunen. Mehr aber auch nicht.