Was kann eine Mutter
tun, wenn ihr eigenes Kind sie hasst? Wenn alle Versuche, dem Kind liebevoll
entgegenzutreten, ignoriert werden? Wenn das Kind einem das Leben zur Hölle
macht? Keine leichten Fragen, die in „We Need to Talk About Kevin“ aufgeworfen
werden. Und ehrlicherweise müssen wir uns eingestehen, dass es keine Lösung
gibt, die wir nicht in irgendeiner Weise als unmoralisch und verwerflich
empfinden würden.
Schon lange nicht
mehr habe ich mich bei einem Film so unwohl gefühlt. Es ist ein Gefühl der
Hilflosigkeit, dass einen mit Eva Khatchadourian (Tilda Swinton) mitleiden
lässt, wenn ihr Sohn Kevin (Jasper Newell bzw. Ezra Miller) ihr auf der Nase
herumtanzt, während ihr Mann Franklin (John C. Reilly) die Situation verkennt. Dies
ist fast noch unerträglicher als das Bewusstsein um den Ausgang des Films, der
lange nicht explizit ausgesprochen wird, sich aber doch bereits früh aufgrund
von Rückblenden und Reaktionen von Personen ankündigt, weshalb ich hier
ausnahmsweise einen SPOILER bringe: Kevin packt ganz unscheinbar eines Tages seinen
Turnierbogen ein, verschließt die Türen seiner Schule mit Fahrradschlössern und
verübt ein Massaker an seinen Mitschülern.
Ein Aspekt des
Films bleibt mir unverständlich: Warum wird Eva nach der Tat von anderen
Müttern angefeindet und mitverantwortlich gemacht? Sie hat doch selbst auch mit
Verlusten zu kämpfen. Vielleicht aber ist gerade dies ein realistisches Bild
der (häufig unlogischen) Verurteilungen, denen manche Menschen ausgesetzt sind,
vor allem, aber nicht nur, im Milieu eines verlogenen „Desperate Housewives“-Vorstädtertums.
Ansonsten aber kann man gar nicht anders als den Film zu verstehen – auch wenn
man es manchmal lieber nicht tun sondern sich seine Blauäugigkeit bewahren
wollen würde.
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