Ben Afflecks drittes
Regiestück „Argo“ beginnt mit einer sehr ruhigen und zugleich neutralen
Einführung in die Geschichte des Iran im 20. Jahrhundert mit Comics im Stile Marjane
Satrapis („Persepolis“). Ab hier ist bereits klar, dass dies kein 08/15-Film
über die guten USA und den bösen Iran wird, sondern dass es in ihm manch
unterschiedliche Schattierungen geben wird. „Argo“ erzählt eine wahre
Geschichte:
Iran, 1979: Nach
der Islamischen Revolution fordert die Bevölkerung die Auslieferung des in die
USA geflüchteten Schahs. In einem von Studenten angeführten Aufruhr werden die
amerikanische Botschaft in Teheran gestürmt und die Botschaftsangehörigen als
Geiseln genommen. Unbemerkt können sich jedoch sechs Personen in die Residenz
des kanadischen Botschafters flüchten, wo sie versteckt auf ihre Heimholung
hoffen müssen, während ihnen bei einer Entdeckung die Todesstrafe droht. Beim
CIA ist man derweil über die Vorgehensweise ratlos, bis der Spezialist für
Geheimoperationen Tony Mendez (Affleck) einen gewagten Plan entwickelt: Mithilfe
von Vertrauensmännern in Hollywood (John Goodman, Alan Arkin) soll ein Science-Fiction-Filmprojekt
fingiert werden, für welches Drehortbesichtigungen im Iran notwendig sind; die
sechs Botschaftsmitarbeiter sollen mit falschen Identitäten als Filmcrew vor
aller Augen ausgeflogen werden.
Die Geiselnahme
von Teheran, die insgesamt 444 Tage dauerte, ist eines der nationalen Traumata
der USA, wenngleich es durch 9/11 ein wenig in Vergessenheit geraten ist.
Affleck gelingt mit seinem Film, das ganz konkrete Bedrohungsszenario im Iran ebenso
wie die allgemeine Stimmung im Heimatland gut einzufangen. Dabei behilflich ist
ihm eine Reihe exzellenter Schauspieler, unter denen neben Goodman und Arkin
wie schon öfter vor allem Bryan Cranston („Malcolm mittendrin“, „Breaking Bad“)
als Mendez’ CIA-Vorgesetzter hervorragt. Wie bei solchen auf wahren
Begebenheiten beruhenden Filmen inzwischen schon gängig, wird mit einem
gezielten Casting und der Nachstellung ikonisch gewordener Bilder ein
Wirklichkeitsanspruch erhoben, der so manchmal nicht unbedingt angenommen
werden darf, und auch „Argo“ kommt nicht um die fast schon unumgängliche
Applaus-Szene und die wehenden Stars and Stripes am Ende umhin. Doch selbst
diese Szenen sind weit subtiler als die Kost, die einem von Hollywood meist
vorgesetzt wird. Wenn aber auch die Beurteilung der politischen Umstände durch
die Filmmacher (zu denen als Produzenten auch George Clooney und Grant Heslov
zählen) manchmal problematisch erscheinen mag und international bereits für den
einen oder anderen Eklat gesorgt hat, so darf man meiner Meinung nach bei einem
Film wie dem diesen nicht vergessen, dass es sich um einen Spielfilm und nicht
um eine Dokumentation handelt. „Argo“ ist ein Polit- bzw. Spionage-Thriller,
versetzt mit einer Prise Komödie (quasi in Umkehrung des „Wag the Dog“-Szenarios),
und diese Rolle spielt er hervorragend. Zudem ist er trotz mancher geringer
Schwächen ein absolut empfehlenswerter Film über einen Aspekt der
Zeitgeschichte, dem auch für das Jetzt eine Aussagekraft innewohnt.
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