Christoph Waltz
hat jüngst in einem Interview zu „Django Unchained“ festgestellt, dass er
überrascht war, wie sehr das Problem der Sklaverei, das für ihn als Europäer
eine historische Tatsache sei, noch immer in den Köpfen und Herzen der
Amerikaner fortlebe. Nur mit diesem Bewusstsein lässt sich verstehen, wieso ein
Film wie „Lincoln“ gedreht wird und dann auch noch eine so starke Rezeption
erfährt.
„Lincoln“ ist kein
Biopic im herkömmlichen Sinne. Im Wesentlichen beschränkt sich die Handlung auf
die Geschehnisse im Januar 1865. US-Präsident Abraham Lincoln (Daniel
Day-Lewis) möchte noch vor dem erwarteten Sieg im Sezessionskrieg die Sklaverei
mittels Verfassungszusatz verbieten lassen. Dabei muss er im Repräsentantenhaus
nicht nur gegen die in Opposition befindlichen Demokraten ankämpfen, sondern
auch gegen Widerstände in seiner eigenen republikanischen Partei, die sich aus
einem konservativen Flügel unter der Führung Francis Preston Blairs (Hal
Holbrook) ebenso wie aus einem radikalen Flügel um Thaddeus
Stevens (Tommy Lee Jones) zusammensetzt. Um sich das nötige Quorum sichern zu
können, muss er auf Vermittlung seines Außenministers William Seward (David Strathairn)
auf die Dienste des Lobbyisten William Bilbo (James Spader) zurückgreifen.
Daneben plagen ihn aber auch noch familiäre Konflikte mit seiner Frau Mary
(Sally Field) und seinem Sohn Robert (Joseph Gordon-Levitt).
Sowohl der
historische Ausgang der legistischen Angelegenheit als auch Lincolns
persönliches Schicksal dürften allgemein bekannt sein. Trotzdem und auch trotz
der Tatsache, dass in erster Linie juristische Feinheiten und Winkelzüge in
langen Dialogen ausgebreitet werden, vermag der Film doch einiges an Spannung
aufzubauen. Natürlich ist er durchaus auch emotional angelegt, doch wer
Spielberg und vor allem dessen Historienfilme kennt, den darf triefender Pathos
hier nicht überraschen. Nichtsdestotrotz zählt „Lincoln“ meines Erachtens zu
den besseren Filmen des Regisseurs, der wie immer mit seinem angestammten Team
antritt. Highlights sind sicher das Produktionsdesign Rick Carters und die
Kamera Janusz Kamińskis. Die schauspielerischen Leistungen sind durchwegs
hervorragend – wobei Field und Gordon-Levitt zeitweise ein wenig anstrengend sind.
Über allen steht natürlich Day-Lewis, der wieder einmal seinem Ruf als
Ausnahmeschauspieler gerecht wird. Dass der Film mit seiner Darstellung des
politischen Lobbyismus ein derzeit gerade in Österreich aktuelles Thema
anspricht, mag zusätzlich für interessante Diskussionen dienen.
Obwohl ich von einigen
Personen auch schon sehr negative Beurteilungen vernommen habe, kann ich nicht
anders: Meiner Meinung nach ist „Lincoln“ ein durchaus sehenswerter Film.
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